Griechische Strände und die Kunst des Nichtstuns

Wie Ihr ja schon wisst, hat es uns früher nach Griechenland verschlagen als geplant. So kamen wir zu schönsten Hochsommertemperaturen und mit reichlich Zeit im Gepäck hier an und beschlossen, erst einmal Urlaub zu machen. Ja, Urlaub und Reisen sind keinesfalls das Gleiche. Wir wollten erstmal nicht mehr hetzen, nicht ständig „on the road“ sein, nicht ständig recherchieren, nicht immer getrieben sein von dem Gefühl, etwas zu verpassen, wenn man diese oder jene Route nimmt… Und bei der Fülle an Sehenswürdigkeiten, die Griechenland zu bieten hat, hätten wir dieses Gefühl sicher täglich gehabt. So reifte ein ganz einfacher, herrlich entspannter Plan: Wir fahren zunächst einfach gen Peloponnes, immer an der Küste entlang, lassen ganz bewusst Städte und Ausgrabungsstätten aus und genießen Sonne, Strand, Meer und griechischen Wein, ähm griechisches Bier 😎. Der Herbst hält früher oder später auch in Griechenland Einzug und dann bleibt uns immer noch genug Luft, das Land mit anderen Augen und Zielen abzufahren.

Vier Wochen ist es nun schon her, dass wir über den einzig offenen Grenzübergang Promachonas von Bulgarien aus in unser Wunsch-Überwinterungsland eingereist sind – relativ problemlos, trotz eines erneuten Corona-Tests an der Grenze. Doppelt und dreifach negativ konnte es dann aber endlich losgehen 😊 Die ersten Kilometer in Griechenland werden uns sicher noch eine Weile in Erinnerung bleiben: Man stelle sich zwei dauergrinsende Honigkuchenpferde vor, die zu lauter griechischer Musik aus dem Autoradio abhotten 😂 Die Erleichterung nach der Überquerung dieser für uns so wichtigen Grenze war enorm, dazu das nach Rumänien und Bulgarien so viel schönere (oder wohl eher dem Westeuropäer vertrautere) Landschaftsbild und das Wissen, dieses schöne Land mindestens ein halbes Jahr nicht mehr verlassen zu müssen. Auch wenn wir uns langsam an eine andere Zeitrechnung gewöhnen, war (und ist) diese Vorstellung immer noch gewaltig.

Los ging es für unsere Maßstäbe noch recht luxuriös: Wir verbrachten unsere ersten Tage in Griechenland auf einem neu eröffneten kleinen Campingplatz direkt am Strand – samt eigener Beach-Bar mit Sonnenliegen in einer türkisfarbenen Bucht. Hier wurde also erstmal am Teint gearbeitet – als Weißhaut will man hier ja auch nicht rumlaufen 😉 Schöne spontane Abende in netter Gesellschaft rundeten das Ganze ab – ob mit George aus Athen, der uns mit seiner Gitarre und einer Gänsehautstimme begeistert hat oder mit der französischen Familie (nennen wir sie Familie X, da sie nicht im Internet verfolgbar sein wollen), die eine größere Version unseres Obelix fährt und damit im kommenden Jahr ebenfalls nach Asien will. Familie X sollten wir im weiteren Verlauf dieser Küstentour noch mehrfach zufällig wiedertreffen – möglicherweise fahren wir im kommenden Jahr auch einen Teil der Strecke gemeinsam. Gespräche mit anderen Langzeitreisenden sind auch immer etwas Besonderes – schon allein deshalb, weil man nicht die klassischen Fragen beantworten muss („Ihr habt wirklich keine Wohnung mehr?“, „Was macht ihr denn, wenn ihr zurückkommt?“, „Habt ihr keine Angst vor diesem oder jenem?“, „Fehlt euch nicht dieses oder jenes?“ etc. etc.). Man tickt ähnlich und dadurch passt es meist automatisch.

Da ein reines Campingplatz-Hopping nicht unserer Vorstellung des Reisens entspricht (und das Budget dafür auch gar nicht ausgelegt ist), ging es nach diesen Luxus-Tagen auf Wildplatz-Suche. Das ist in Griechenland, zumindest in der Hochsaison, etwas problematisch. Ein entsprechendes Gesetz existiert und wird mit horrenden Strafen durchgesetzt – Familie X wurde von der Polizei einmal 400 € Strafe (pro Person!) angedroht. Wir haben glücklicherweise bisher noch keine negativen Erfahrungen machen müssen. Solange man ein paar Dinge beachtet, sollte es in der Regel auch gutgehen – die Griechen (ja, Polizisten eingeschlossen 😉) sind nach unserer Erfahrung sehr freundlich und aufgeschlossen. Wir stellen uns niemals irgendwo hin, wo wir andere stören könnten – d.h. nicht in den Sichtbereich von Häusern oder Wohnungen und nicht an belebte Strände. Und selbstredend nirgendwohin, wo Schilder noch einmal explizit auf das Campingverbot hinweisen. Entweder so einsam und versteckt wie möglich oder mit Erlaubnis eines benachbarten Bar- oder Restaurantbesitzers (einfach fragen) oder an einen der wenigen Strände, an denen Camping geduldet und auch von Einheimischen betrieben wird (park4night listet ein paar dieser Plätze). Außerdem machen wir immer eine Runde, in der wir den umliegenden Müll einsammeln – da kommt in Griechenland in kurzer Zeit gern mal ein großer Sack zusammen. Ansonsten Vorbeikommende nett grüßen (idealerweise auf Griechisch), sich nicht unnötig ausbreiten und natürlich selbst keinen Müll rumliegen lassen – fertig 😊 Und der letzte Tipp: fahrt in der Nebensaison! Strandbars sind geschlossen, die Strände leer und das Campingverbot wird nicht mehr durchgesetzt (das gibt’s natürlich nicht schriftlich, d.h. schiefgehen kann es theoretisch immer noch).

Jedenfalls war unser erster Freisteh-Platz in Griechenland ein Volltreffer – ein Parkplatz an einer kleinen Strandstraße ohne Durchgangsverkehr, hinter uns nur Wald, in der Nähe ein paar Ferienwohnungen, die nahezu alle leer waren. Morgens und abends kamen ein paar Einheimische zum Schwimmen oder Angeln. Alle waren so unglaublich nett, dass wir noch einen Tag länger blieben, und dann noch einen, und noch einen… 😊 Ein Highlight war Dimitri, 80 Jahre alt, der Nico beim Gitarre üben gesehen hat und prompt dazu kam, um uns ein paar griechische Lieder vorzuspielen. Dazu gab’s einen Ouzo (natürlich) und eine Einladung in sein Haus. Ebenso der Harpunenfischer, mit dem wir uns nur mit Händen und Füßen verständigen konnten, und der dann abends seinen Fang bei Nico abgeliefert hat 😊

Es hat uns wirklich schwer beeindruckt, wie herzlich und offen die Griechen sind – jeder versucht ein paar Worte Deutsch zu sprechen und fast jeder hat schon einmal in Deutschland gearbeitet und möchte davon erzählen. Wie der Obdachlose, den wir auf einem anderen wilden Platz trafen: Er wollte uns partout von seiner Zeit in Deutschland erzählen, konnte aber mittlerweile nur noch ein paar Worte Deutsch. Der Rest wurde dann eben mit Griechisch aufgefüllt und lauter erzählt 😄. Und natürlich konnten wir ihn nicht davon abhalten, extra für uns noch Würste und Speck auf den Grill zu legen. Wir steuerten ein paar Schnaps bei, aber die trugen leider auch nicht zur Erhöhung der Verständigung bei 😂

Weiter ging es dann auf die fingerartigen Landzungen von Chalkidiki – hier findet man die wohl schönsten Strände Griechenlands an einsamen Buchten und mit beeindruckend türkisblauem Wasser. Wir haben die beliebtesten Strände aus den weiter oben genannten Gründen gemieden, aber die Aussicht auf ebendieselben von den Küstenstraßen, die sich an Berghängen entlangwinden, sehr genossen.

Unser Übernachtungsziel war der Strand neben der Ethnik Beach Bar – ein versteckter, langgezogener Strand auf dem mittleren Finger Chalkidikis und einer von den bereits erwähnten Stränden, an denen Camping toleriert wird. Wohnmobile von Touristen, Zelte von Einheimischen, FKKler und Hippies, Lagerfeuergruppen am Abend und Angler am Morgen – hier war am Wochenende relativ viel los, aber dennoch hatte man aufgrund der Größe des Strandes mehr als genug Raum für sich. Gemeinsam mit Familie X, die wir hier zufällig wiedertrafen, verbrachten wir noch einen unvergesslichen Lagerfeuerabend am Strand, Feuerwerk inklusive. Die Zeit dort war großartig – und wir fuhren auch erst weiter, als der letzte Tropfen Wasser aus dem Wassertank aufgebraucht war 😃

Weiter ging es in gewohntem Wechsel zwischen Freistehen und Campingplatz – alles problemlos. Nicht jeder Platz war dabei so schön wie die oben genannten, aber da sind wir schon bei Meckern auf hohem Niveau 😉 Letztlich standen wir eigentlich immer direkt am Wasser und das größtenteils umsonst. Zwischendurch gab’s mal einen kleinen Abstecher ins Inland, an den Rand Thessalonikis, wo findige Camper-Shop Betreiber seit Jahren den Wohnmobilisten einen kostenlosen Stellplatz mit Wasser, Strom und WLAN anbieten – der Einkauf im Shop hat uns dann natürlich weit mehr gekostet als ein normaler Campingplatz 😆 Aber dafür wieder ein paar Dinge abgehakt, inklusive der Auffahrkeile, an denen wir zuhause noch gespart hatten – aber wenn man das Abwaschwasser ein paar Mal per Hand in den Abfluss tragen musste und sich der Kopf beim Schlafen gruselig tief anfühlt, erkennt man die Notwendigkeit 😁 Letztlich lohnte sich der Abstecher nach Thessaloniki aber auch schon deswegen, weil wir eine Mercedes-Werkstatt fanden, in der unsere sturmgeschädigte Tür spontan und für nur 20 Euro repariert werden konnte 🥳.

Letzte Woche dann der erste Vorgeschmack auf Herbst-/Wintertage mit stürmischem Wetter: Der Medicane Ianos fegte über Griechenland hinweg und richtete dabei (vor allem auf den Inseln und der Westküste) immense Schäden an. Wir haben uns während dieser Tage in eine kleine, halbwegs geschützte Bucht zurückgezogen und kamen mit Starkregen, Dauergewitter und heftigen Winden davon. Gruselig war es dennoch, da nie ganz klar war, wie der weitere Verlauf sein und mit welcher Heftigkeit Ianos uns erreichen wird. Man kann seinen Mann übrigens gut in den Wahnsinn treiben, wenn man viertelstündlich Radarbilder checkt und nie müde wird, über Verhalten bei Blitzeinschlägen und möglichen Wasseranstiegen zu reden 😅 Aber letztlich haben wir auch das überstanden, ohne uns umzubringen 😎 Und wir sind dankbar für ein Auto, in dem man auch zu zweit genug Platz zum Gammeln hat… Leider konnte die für Regentage vorgesehene Playstation nicht zum Einsatz kommen, da wir die verbleibende Batteriekapazität im Auge behalten mussten (also wurde ganz altmodisch Backgammon gespielt 😉) – unsere Solaranlage liefert zwar auch bei Bewölkung normalerweise noch ausreichend Strom, aber mehrere Tage komplett schwarzer Himmel – da geht dann nix mehr 😞

Wieder ansteigende Temperaturen und das Versprechen mehrerer Sonnentage zogen uns dann wieder weiter – auf der Suche nach einem schönen Badestrand fanden wir einen traumhaften Spot, der nun schon seit fast einer Woche unser Zuhause ist. Eine Landzunge, die aufgrund der konstanten Windverhältnisse ein bei Kite-Surfern weltweit bekannter Spot ist und dafür sorgt, dass wir jeden Nachmittag und Abend eine fantastische Show geliefert bekommen 😊 Dazu erlaubte uns der Besitzer der mittlerweile geschlossenen Beach-Bar, direkt am Strand auf dem Bar-Gelände zu parken, so dass auch die allabendlich patrouillierende Polizei für uns kein Problem darstellt. Ein landschaftlich wunderschöner Spot, dazu eine angenehme Mischung aus zu wenig und zu viel Trubel und ganz liebe Streuner-Hunde, die mittlerweile unser Auto bewachen 😍 – wir tun uns schwer mit dem Weiterfahren. Aber irgendwann reicht auch die kalte Stranddusche nicht mehr und die Trockenshampoo-Reserven sind aufgebraucht 😁 Aber noch geht’s! 😎

Mittlerweile hält diese Gammelei nun also schon vier Wochen an – wie Ihr seht, haben wir das mit der Entschleunigung so langsam raus 😃 Am Anfang war es ungewohnt – auch Nichtstun muss man tatsächlich erstmal lernen – vor allem sich dabei gut zu fühlen und nicht gleich neue ToDo-Listen aufsetzen zu wollen. Inzwischen klappt das schon ziemlich gut 😊 Aber wie daheim auch, fühlen wir uns nach produktiveren Tagen (Auto geputzt, irgendwas repariert, Griechisch gelernt, Sport gemacht, …) oft besser als nach reinen Faulenzer-Tagen – so richtig kann man dann wohl doch nicht aus seiner (deutschen?) Haut 😉 Aber wir müssen auch ehrlich zugeben, dass wir dem großen Satz an Vorsätzen mit denen wir in diese Auszeit gestartet sind, bisher nicht annähernd gerecht geworden sind. Ob es neue Projekte sind, die wir planen/angehen wollten, regelmäßige Yoga-Einheiten, längere Wanderungen, tägliche Gitarrenübungen oder schnelleres Lernen der griechischen Sprache – wir hängen hinterher. Aber gut, dann müssen die Ziele eben angepasst werden 😉 Immerhin hätten wir uns in den Fächern Angeln und Lesen schon ein „Sehr gut“ verdient 😎

Soooo Ihr Lieben – das wars dann jetzt für heute auch von uns – genug Produktivität für einen Tag 😋 Wir hoffen, euch mit den ganzen Strand- und Markisenfotos nicht zu sehr gelangweilt zu haben – und dass die Atmosphäre dieser Plätze und Abende irgendwie rüberkommt, denn die macht uns derzeit zu den (ganz subjektiv) wohl glücklichsten Menschen weit und breit 😊

Nico & Franzi

PS: Nächstes Mal gibt’s Kultur – versprochen!

2 Gedanken zu „Griechische Strände und die Kunst des Nichtstuns“

  1. Ich empfehle das Pilion Gebirge bei Volos. Für mich die schönste Gegend in Griechenland. Sollte es Euch dahin verschlagen, würde ich meinen Freund Uwe Lau im Dorf Mouressi fragen, ob er Euch mal sehen möchte. Er ist pensionierter Berliner Lehrer und wohnt dort. Er kann Euch sicher einen Standplatz empfehlen.

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